Der Shapeshifter

MUTABOR + BMW Motorrad · Entstanden 2020 im fünften Semester · mit Lisa Bisshop, Luna Marie Brumund und Ann Kristin Delplanque

In Zusammenarbeit mit der Hamburger Designagentur MUTABOR und BMW Motorrad haben mein Team und ich den "Shapeshifter" entwickelt, ein Konzept für einen "Motorradhelm der Zukunft". Eine große Herausforderung war es, diesen sehr futuristischen Ansatz mit unserer Zielgruppe, den traditionellen und coolen "Heritage"-Fahrern, zu verbinden, die oft gegenüber dem Motorradfahren eher ein "back to the roots" Mindset haben.

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Konzept

Animation

Bislang konzentrierte sich das Design von Motorradhelme vor allen Dingen auf die Sicherheit des Fahrers. Das scheint fast widersprüchlich, wenn man sich die Einstellung vieler Fahrer, vor allem der "Heritage"-Fahrer, zu ihrer Leidenschaft genauer ansieht. Für sie ist das Motorradfahren nämlich ein sehr emotionales und leidenschaftliches Erlebnis. Es geht ihnen vor allem darum, völlig in die Fahrt einzutauchen und dabei alle Sinne auf die Straße zu konzentrieren.
Dieses Paradoxon hat uns zur Entwicklung des "Shapeshifter" inspiriert. Der Shapeshifter intensiviert das Fahrerlebnis, statt es einzuschränken, indem er das dynamische Gefühl eines flexiblen Systems mit purer Emotion verbindet.

Eine Hürde (die wir überwinden konnten) war der vollständig dezentrale Arbeitsablauf, der uns durch die Situation um das Covid-19-Virus aufgezwungen wurde. Während einige Schritte im Prozess, wie die anfängliche Recherche, ziemlich einfach aus der Ferne zu bewältigen waren, waren andere, wie die Nutzerrecherche herausfordernd. Die Phase, mit der wir am meisten zu kämpfen hatten, war die Brainstorming-Phase, die für die Konzeptentwicklung natürlich eine große Rolle spielt.

Teamarbeit und ein gemeinsamer, kreativer Raum können meiner Meinung nach einen großen positiven Einfluss auf die Qualität von Ideen haben. Mithilfe von etwas Out-of-the-Box-Denken, einem gut durchdachten Remote-Workflow und praktischen Applikationen wie Trello und InVision, die als überraschend gute Alternativen für analoge Post-it-Wände und das gute, alte Whiteboard dienten, konnten wir uns letztendlich doch sehr gut organisieren. Not macht bekanntlich erfinderisch!

Um unsere Projektarbeit sinnvoll zu beginnen und unsere Zielgruppe besser kennenzulernen, begannen wir mit der Recherche. Da wir, wie schon erwähnt, keine Nutzerforschung vor Ort durchführen konnten, entschieden wir uns für eine Online-Umfrage und Recherche in Social Media.
Wir stellten Fragen, die sich auf die gewohnte Fahrroutine der Umfrageteilnehmer, ihre Ausrüstung und bevorzugten Routen, aber auch auf ihre Persönlichkeit und ihre Einstellung zu ihrem Hobby Motorrad bezogen. Da wir uns zu Beginn des Projekts für die Zielgruppe der "Heritage"-Biker entschieden hatten, wollten wir mehr über ihren Lebensstil und Einstellung zu neuen und innovativen Technologien erfahren.
Zusätzlich suchten wir im Internet, speziell in den sozialen Medien, nach potenziellen Nutzer-Insights. Wir studierten Beiträge und Kommentare in Online-Foren und schauten uns Videos von verschiedenen Biker-Kanälen auf YouTube an. Hier habe ich YouTube als eine potenziell sehr ergiebige, alternative Quelle für das User Shadowing zu schätzen gelernt!

Im nächsten Schritt verdichteten wir unsere Ergebnisse zu einigen benutzerbezogenen Deliverables wie Customer Journey Maps und Personas. Während wir für unsere Personas die meisten unserer Umfrageergebnisse verwendet haben, wurden die Journey Maps stark von den Videos beeinflusst, die wir online gefunden haben.

Während unserer Recherche stellten wir fest, dass viele der Schlüsseleigenschaften der Nutzergruppe "Heritage" nicht einfach in Worte gefasst werden können. Um diese Eigenschaften treffender darzustellen und den "Vibe" widerzuspiegeln, den die "Heritage"-Fahrern ausstrahlen, haben wir daher zusätzlich eine Reihe von Moodboards erstellt.

Nachdem wir alle Konzeptideen, die wir bis zu diesem Zeitpunkt gesammelt hatten, abgewägt hatten, entschieden wir uns schließlich für den Shapeshifter. Er entsprach am ehesten dem, was wir über unsere Nutzer herausgefunden hatten: Das Konzept basierte auf der Idee, anpassungsfähig und flexibel zu sein, um bestimmte Erlebnisse und Momente einer Fahrt, wie zum Beispiel das Fahren bei hohen Geschwindigkeiten oder die Jagd nach der perfekten Kurve, bestmöglich zu unterstützen. Das wurde auch das wichtigste Alleinstellungsmerkmal dieses Konzepts. Der Helm soll das Fahrerlebnis intensivieren, indem er den emotionalen und spaßigen Teil der Fahrt unterstützt.

Abschließend erstellten wir auch hier eine Reihe von Moodboards, um ein gemeinsames Verständnis dafür herzustellen, wie unser Helm einmal aussehen könnte. Die Moodboards setzen sich aus verschiedenen Impulsen zusammen und beziehen sich auf verschiedene Aspekte des Helms, vom Head Up Display bis zum äußeren Material.
Hierbei war unser Ziel, immer die zwei Welten die wir miteinander vereinen wollten, harmonisch zu kombinieren: Die emotionale, "Sonnenuntergangs"-Stimmung des Heritage, sowie die coole, futuristische Vision eines "Future Helmets". Die Natur war dabei große Inspirationsquelle für den emotionalen Teil, wodurch wir viele interessante Mechaniken entdeckt haben, wie zum Beispiel die sehr flexible aber schützende Haut von vielen Reptilien oder die "Nicht-Ganz-Transparenz" von Wasser. Im Gegensatz dazu haben wir auch viele Impulse aus Science Fiction abgebildet und uns von fast schon psychedelischen, futuristischen Partikel-Effekten inspirieren lassen.
Hauptsächlich die Kombination dieser beiden Komponenten ergab schließlich den Stil-Mix, den wir auf unser Konzept angewendet haben.

Der Shapeshifter hebt Deine Fahrt auf die nächste Stufe. Das Konzept in einem Satz erklärt: Der Shapeshifter intensiviert Deine Fahrt, indem er das dynamische Gefühl eines austauschbaren Systems mit purer Emotion verbindet.

Der Name ist Programm: Der Shapeshifter ist in mehr als einer Hinsicht ein dynamisches und flexibles System. Er ist anpassungsfähig an alle für den Nutzer wichtigen Fahrerlebnisse, die wir in der Recherchephase entdeckt haben.
Das ist am deutlichsten in den beiden Hauptkomponenten des Konzepts zu erkennen: Die Außenhülle des Helms und das User Interface. Die Oberfläche des Helms besteht aus einzelnen Teilen, die sich teilweise bewegen und verschieben lassen.
Das Gleiche gilt für das UI. Alle Elemente sind voll beweglich. Sie haben einen Ankerpunkt, zu dem sie bei Bedarf zurückkehren, sind aber meist so platziert, dass sie den Fahrer am wenigsten stören. Hinzu kommt ein generatives Muster, das eigentlich nur im peripheren Sichtfeld des Fahrers wahrgenommen wird und als unterstützende Einheit zur Bewegung des Helms selbst dient.
Diese Dynamik greift an verschiedenen wichtigen Momenten. In Aktion sieht man das an folgenden Beispielen:

Uneingeschränkte Sicht

Freiheit und das Aufnehmen der natürlichen Umgebung stehen für Heritage-Fahrer an erster Stelle. Das bereits vergrößerte Visier des Shapeshifters bewegt sich mit dem Fahrer und seinen Blicken und Bewegungen.
Die äußere Schale des Helms bewegt sich passend zur Blickrichtung und gibt so das Gefühl, gar keinen Helm zu tragen.

Pure Konzentration auf die Straße

Jeder Motorradfahrer kennt das atemberaubende Gefühl des Fahrens bei hohen Geschwindigkeiten. Die Welt um einen herum scheint zu verschwimmen und die Aufmerksamkeit ist auf die Straße gerichtet - vollständig. Der Shapeshifter intensiviert dieses Gefühl weiter, indem er die Lamellen der Außenschale nach innen verlagert und so noch mehr Fokus auf das Wesentliche schafft.
Gleichzeitig verformt sich der Helm selbst aerodynamisch, um den Luftwiderstand zu reduzieren.

Wie eine Achterbahn

Für viele Fahrer ist die Suche nach der perfekten Kurve eine große Motivation. Der Shapeshifter macht JEDE Kurve zur perfekten, indem er den Blick fokussiert und das Gefühl, das entsteht wenn man sich in die Kurve legt, intensiviert.
Die Benutzeroberfläche spiegelt dies wider, indem sie eine wellenartige Bewegung erzeugt.

Verstärkte Wahrnehmung

Bei vielen Motorradhelmen wird Licht vor allem zu Sicherheitszwecken eingesetzt. Wie Du wahrscheinlich schon vermutet hast, nutzt der Shapeshifter diesen Aspekt nicht nur für die Sicherheit, sondern vielmehr für das Erlebnis. Das Licht auf der Außenschale bewegt sich mit der Dynamik der Fahrt und passt sich seiner Umgebung an, was nicht nur super cool aussieht, sondern den Helm noch mehr mit dem Fahrerlebnis verschmelzen lässt.
Das Gleiche gilt für die Benutzeroberfläche. Anstatt sehr auffällig und immer im Blick zu sein, passt sie sich ebenfalls der aktuellen Umgebung und dem Fahrgeschehen an.